© Tobias KochFür den Landkreis Rotenburg (Wümme) schlägt das Umweltministerium ein Flächenziel von 4,89 Prozent vor, den höchsten Wert unter allen niedersächsischen Landkreisen. In absoluten Zahlen entspräche eine Umsetzung dieser angedachten Zielvorgabe einer Fläche von über 10.000 Hektar, die für Windräder reserviert werden müssten und folglich einer anderen Nutzung entzogen wären.
In einer ersten Reaktion auf den Vorstoß der Landesregierung äußert sich Landrat Marco Prietz wie folgt:
„Der Landkreis unterstützt seit Jahren die Umsetzung der Energiewende. Bereits 2020 wurden bilanziell über 197 Prozent des jährlichen Strombedarfs im Kreisgebiet aus erneuerbaren Energien erzeugt. Davon entfielen 67 Prozent auf Windenergie. Als einer der wenigen Kreise in Niedersachsen verfügt Rotenburg über ein RROP mit rechtskräftigen Regeln zur Windenergie, wobei gegenwärtig 0,9 Prozent der Kreisfläche als Vorranggebiete Windenergie ausgewiesen sind. Im Landkreis sind bereits 196 Windräder in Betrieb, 25 Windenergieanlagen wurden genehmigt und befinden sich teilweise im Bau, 29 weitere Anlagen befinden sich aktuell im Genehmigungsverfahren.
Bereits seit vielen Monaten warten die Landkreise als Träger der Regionalplanung auf verbindliche Vorgaben des Landes, in welchem Umfang sie tatsächlich Flächen für die Windenergie rechtlich sichern sollen. Dabei war seit längerem klar, dass aufgrund der unterschiedlichen Gegebenheiten vor Ort das landesweite Ziel von 2,2 Prozent nur ein Durchschnitt sein kann, der auf Kreisebene entweder über- oder unterschritten wird. Für unseren Landkreis haben wir im Kreishaus intern durchaus einen etwas höheren Wert in Richtung von 2,5 bis drei Prozent für möglich gehalten. Dies wäre bereits überaus ambitioniert gewesen. Mit den nun vorgelegten fast fünf Prozent hat der Umweltminister alle Erwartungen weit übertroffen. Damit wird sich die für Windenergie im Kreis bereitzustellende Fläche gegenüber heute mehr als verfünffachen, wobei zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass Windräder mittlerweile deutlich größer sind als früher. Die politischen Entscheidungen in Hannover werden das Erscheinungsbild unserer Landschaft nachhaltig verändern und prägen. Ein Ausbau der Windenergie in diesem enormen Umfang wird nur dann möglich werden, wenn hinter dieses Ziel andere Belange deutlich zurückgestellt werden. Dies betrifft Abstände zur Wohnbebauung ebenso wie das Landschaftsbild oder den Artenschutz.
Am 1. März tagt der Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Planung unseres Kreistages in öffentlicher Sitzung. Ich beabsichtige der Politik zu dieser Sitzung einen beschlussreifen Entwurf für die Kriterien zur Ausweisung der künftigen Vorranggebiete Windenergie vorzulegen. Diese Entscheidungen werden der Politik sicherlich nicht leichtfallen.
In den kommenden Tagen werden wir uns in der Kreisverwaltung intensiv mit den vom Umweltministerium vorgestellten Unterlagen befassen. Dies betrifft einerseits die Vorstellungen der Landesregierung zu künftigen Abläufen und Anforderungen an die Planungen vor Ort. Hier sind noch viele Fragen offen. Andererseits werden wir das Zustandekommen unseres Flächenziels sorgfältig analysieren und auf Plausibilität prüfen. Dies werden sicherlich auch andere Landkreise tun. Schließlich fällt schon ins Auge, dass einige ebenfalls sehr ländlich strukturierten Landkreise lediglich knapp ein Prozent der Fläche erreichen müssen, während beispielsweise Rotenburg, Uelzen oder Lüneburg auf fast fünf Prozent ihrer Fläche Windenergie ermöglichen sollen. Das macht eine gründliche Prüfung der Tabelle des Landes unabdingbar, denn es ist offen, ob das Ausbauziel in dieser Größenordnung erreichbar und verträglich ist.
Klar ist: Der Landkreis Rotenburg unterstützt die Energiewende mit dem Ausbau der Windenergie und wird seinen Beitrag hierzu leisten. Damit sind bei allen nachvollziehbaren Bedenken auch große wirtschaftliche Potenziale als dauerhafter Stromexporteur verbunden. Mir ist daher wichtig, gemeinsam mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern der Kommunen auch eine möglichst große Beteiligung der öffentlichen Hand und Bürger an der Wertschöpfung zu erreichen.
Alle Schritte im weiteren Verfahren werden transparent, nachvollziehbar und unter Einbindung von Politik und Öffentlichkeit durchgeführt. Am Ende des Verfahrens wird ein Kreistagsbeschluss erforderlich sein. Dieser Prozess wird inklusive der entsprechenden gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligungsverfahren mehrere Jahre dauern. Davon geht auch das Land aus, das mit dem 31.12.2026 die Frist für eine Ausweisung von Vorranggebieten festgelegt hat. Die Genehmigung der einzelnen Windparks und deren Errichtung wird erst im Anschluss möglich sein. Insofern wird die Realisierung der gewaltigen Ausbauziele von Land und Bund trotz aller Anstrengungen erst zum Ende des Jahrzehntes gelingen können.“