Am 23. November wurde der vorgelegte Entwurf dann beschlossen. Auch die Bedingungen zum Bezug von Wohngeld wurden zum 1. Januar angepasst. Die lange politische Diskussion stellen das landkreiseigene Jobcenter sowie das Sozialamt vor besondere Herausforderungen, denn die Vorgaben müssen innerhalb von vier Wochen umgesetzt werden. Welche Änderungen erwarten die Bürgerinnen und Bürger?
„Jetzt sind sie endlich da, die neuen Regeln des Bürgergeldgesetzes“, zeigt sich Dezernentin Imke Colshorn erleichtert. Mehr Vorbereitungszeit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sozialamt und Jobcenter wären aber wünschenswert gewesen. Sorgen muss deshalb aber niemand haben. Das neue Bürgergeld-Gesetz wird in zwei Schritten, nämlich zum 1. Januar und zum 1. Juli 2023 umgesetzt.
Bürgergeld – Wer hat Anspruch? Muss ich neue Anträge stellen?
Wer bisher Anspruch auf „Hartz IV“ oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung hatte, wird künftig einen Anspruch auf Bürgergeld haben.
Es müssen keine separaten neuen Anträge gestellt werden. Für Weiterbewilligungsanträge ändert sich nichts. Diese sind auch weiterhin wie bisher zu stellen.
Regelsätze steigen
Zum 1. Januar 2023 steigen die monatlichen Regelsätze je nach Leistungsberechtigung zwischen 33 und 53 Euro. Die erhöhten Regelsätze werden durch das Jobcenter und das Sozialamt automatisch ausgezahlt. Eine gesonderte Antragstellung ist hierfür nicht erforderlich.
Wohnung - Heizkosten
Die Angemessenheit der Wohnung wird erst nach 12 Monaten geprüft. Bis dahin werden die tatsächlichen Kosten der Wohnung übernommen.
Das gilt jedoch nicht für die Heizkosten, die von Anbeginn an ausschließlich im angemessenen Umfang gewährt werden.
Freibeträge bei Erwerbstätigkeit
Die neuen und erhöhten Freibeträge bei Erwerbstätigkeit gelten ab dem 1. Juli 2023. Hierbei bleibt Einkommen zwischen 520 € und 1.000 € brutto in Höhe von 30 %, statt bisher 20 % anrechnungsfrei.
Junge Menschen behalten zusätzlich das Einkommen aus Schüler- und Studentenjobs und das Einkommen aus einer beruflichen Ausbildung bis zur Minijob-Grenze (derzeit 520 Euro). Erwerbseinkünfte von Schülern während der Ferienzeiten bleiben sogar vollständig anrechnungsfrei.
Stärkung von nachhaltiger Vermittlung in Arbeit
Auch für die Arbeitsvermittlung gibt es Änderungen. So wird zum Beispiel die nachhaltige Vermittlung in Arbeit gestärkt.
Personen, die sich weiterbilden oder einen Berufsabschluss nachholen wollen, werden vom Jobcenter dabei unterstützt. In den Zeiten, in denen sie sich weiterqualifizieren, wird nicht in Jobs vermittelt.
Sanktionen
Leistungsminderungen bei Pflichtverletzungen und Meldeversäumnissen bleiben nunmehr, nach Beendigung des Sanktionsmoratoriums zum 31.12.2022, von Beginn des Leistungsbezugs an möglich.
„Sanktionen waren bereits nach bisheriger Rechtslage die Ausnahme und werden auch die Ausnahme bleiben. Das Jobcenter hat in den vergangenen Jahren höchstens in drei Prozent aller Fälle eine Sanktion ausgesprochen und Leistungen gekürzt“, erläutert Imke Colshorn. Trotzdem sei das Instrument der Sanktionen wichtig. Zum einen sei bereits die bloße Möglichkeit der Verhängung von Sanktionen in manchen Fällen eine zusätzliche Motivation, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen. Zum anderen leide auch das Gerechtigkeitsempfinden eines großen Teils der erwerbstätigen Bevölkerung, wenn man keinerlei Sanktionsmöglichkeiten bei Fehlverhalten besitzt.
Aufgabe des Jobcenters bleibt die Vermittlung in Arbeit. Der Arbeitsmarkt im Landkreis ist trotz der Energieteuerungen aufgrund des Krieges in der Ukraine bisher relativ stabil. Das Jobcenter unterstützt die Unternehmen in der Region aktiv bei der Suche nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Grundsicherung im Alter – Erwerbsminderung – Hilfe zum Lebensunterhalt
Auch bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII erfolgen Änderungen im Rahmen der Einführung des Bürgergeldes. Neben der Erhöhung der monatlichen Regelsätze, gilt auch hier die Einführung der einjährigen Karenzzeit bei den Bedarfen für die Unterkunft, so dass diese zunächst in der tatsächlichen Höhe berücksichtigt werden. Die Heizkosten werden bereits von Beginn an nur in angemessener Höhe berücksichtigt.
Fragen zum Bürgergeld beantwortet das Jobcenter
Wer Fragen zum neuen Bürgergeld hat, wie zum Beispiel zu den neuen Freibeträgen beim Hinzuverdienst ab dem 1. Juli 2023, kann sich gerne persönlich oder telefonisch an seinen Ansprechpartner im Jobcenter wenden.
Wohngeldreform 2023
Neben der Einführung des Bürgergeldes sind im Sozialamt auch die Änderungen des Wohngelds zum 1. Januar 2023 von großer Bedeutung.
Denn mit dem Wohngeld-Plus-Gesetz wird die größte Wohngeldreform seit Bestehen des Wohngeldgesetzes umgesetzt. Damit mehr Menschen vom Wohngeld profitieren können, wird die Wohngeldhöhe zum Jahreswechsel deutlich angehoben. Zudem wird das Wohngeld zukünftig eine dauerhafte Heizkosten- und Klimakomponente enthalten.
Zentrale Umstellung EDV - Wohngeld
Zurzeit wird in den Wohngeldstellen die EDV umgestellt, damit die neuen Regelungen umgesetzt werden können. In Niedersachsen erfolgt dies zentral. Erst nach dieser Umstellung sind genaue Berechnungen möglich.
Kein neuer Antrag für aktuelle Wohngeldbezieher nötig
Wer jetzt schon Wohngeld bekommt, muss sich um nichts kümmern. Die Erhöhung wird automatisch vorgenommen und die Wohngeldbezieher erhalten einen neuen Bescheid.
Vor Antragstellung telefonische Beratung möglich
Die Wohngeldstellen des Landkreises in Bremervörde und Rotenburg (Wümme) bieten an, sich vor einer Antragstellung telefonisch beraten zu lassen. „Damit kann jeder vor einer Antragstellung erst einmal unverbindlich durchrechnen lassen, ob sich für ihn ein Anspruch ergibt“, erläutert Imke Colshorn.
Die Wohngeldstellen sind Montag bis Donnerstag von 8 Uhr bis 12 Uhr und 14 Uhr bis 16 Uhr sowie am Freitag von 8 Uhr bis 12 Uhr unter der Telefonnummer 04261 983-4595 zu erreichen.
Längere Bearbeitungszeiten erwartet
Da in beiden Wohngeldstellen mit vielen neuen Anträgen gerechnet wird, hat das Sozialamt zum 1. Januar bereits neue Mitarbeiter eingestellt. Dennoch muss mit längeren Bearbeitungszeiten gerechnet werden, die im Moment bei rund acht Wochen liegen.