Innerhalb mehreren Auswertungsschritte wurden die Daten erhoben und ausgewertet. Ein möglicher Zusammenhang könnte zwischen der räumliche Nähe des Wohnortes zu Bohrschlammgruben bestehen. Um genauere Aussagen zu treffen und viele offene Fragen zu klären, sollte das Ergebnis in weiteren Untersuchungen näher bearbeitet und die Untersuchungsgebiete ausgeweitet werden.
Im November 2014 wurden alle 6978 Einwohnerinnen und Einwohner der Samtgemeinde Bothel mit einem Fragebogen angeschrieben und zu eigenen hämatologischen Erkrankungen oder zu solchen bei Angehörigen befragt.
Die Auswertung der Ergebnisse der Befragung erfolgte in mehreren Schritten. Grundsätzlich sollte dabei nach Gemeinsamkeiten der Fälle gesucht werden, die die erhöhte Rate von Krebserkrankungen erklären könnten.
Zunächst wurde der Fragebogenrücklauf analysiert. Dieser war mit rund zwei Dritteln aller angeschriebenen Einwohnerinnen und Einwohner voll befriedigend. Jüngere Einwohner haben in der Tendenz seltener geantwortet als Ältere und Männer seltener als Frauen. Aber auch die Responseraten der einzelnen Mitgliedsgemeinden unterscheiden sich mit der höchsten Rücklaufquote in der Gemeinde Bothel (69,3%) und der niedrigsten in Hemslingen (incl. Gemeindeteil Söhlingen) mit 61,2 %.
Auf der Basis der selbstmeldenden Fälle sowie von Angaben zu verstorbenen oder verzogenen Angehörigen wurden bei den Männern insgesamt 37 inzidente Fälle für hämatologische Krebserkrankungen erfasst, die allesamt medizinisch validiert werden konnten. Die Analyse der erfragten Angaben zu Parametern wie z. B. Freizeitaktivitäten, Hobbies oder Nutzung von Hausbrunnen als Trinkwasserquelle zeigten keine die Fälle kennzeichnenden Muster. Lediglich in den Berufshistorien fiel mit 8 Fällen eine leichte Tendenz für eine langjährige Tätigkeit in der holzverarbeitenden Industrie auf.
Daher wurde als weitere Auswertungsebene eine Fall-Kontroll-Studie angeschlossen, um mit personenbezogenen Daten wie Wohnort eine Reihe von Expositionsquellen als mögliche Einflußfaktoren auf die Rate der Krebserkrankungen weiter abzuklären. Untersucht wurden die räumliche Zuordnung der Fälle und der ihnen zugeordneten Kontrollen in Bezug auf Erdgasförderstellen, Bohrschlammgruben, holzverarbeitende oder metallverarbeitende Betriebe, Tankstellen, Landhandelsstationen, Gärtnereien und eine ehemalige Bahntrasse.
Während sich insgesamt die möglichen Industrie- und Gewerbequellen unauffällig darstellten, zeigte die räumliche Nähe des Wohnortes zu Bohrschlammgruben bei den Fällen im Vergleich zu den zugeordneten Kontrollen einen Hinweis auf einen möglichen Zusammenhang. Zum jetzigen Zeitpunkt sind mögliche auslösende Faktoren nicht klar, auch ein möglicher Wirkungspfad (Wasser, Luft) lässt sich aus den Ergebnissen dieser Untersuchung nicht ableiten. Ebenfalls ist die nur auf Männer beschränkte Erhöhung der Krebszahlen nicht mit einfachen Modellen zu erklären, da an den Wohnorten sicherlich auch Frauen leben. Dennoch sollte das Ergebnis dieser Auswertung mit weiteren Untersuchungen detaillierter bearbeitet werden. Dabei wäre auch eine deutliche Ausweitung des Untersuchungsgebietes auf im Idealfall alle Regionen mit Bohrschlammgruben zu diskutieren, um eine möglichst große Datenbasis für vertiefende epidemiologische Auswertungen zu erhalten.
Hintergrund
Aufgrund einer vermuteten Häufung von Krebserkrankungen hatte der Landkreis Rotenburg (Wümme) Mitte 2014 eine Anfrage an das Epidemiologische Krebsregister Niedersachsen (EKN) gestellt. Als Ergebnis zeigte sich eine Erhöhung für die Rate von hämatologischen Krebserkrankungen bei Männern in der Samtgemeinde Bothel. Zur Ursachenforschung wurde eine Befragung aller Bürgerinnen und Bürger der Samtgemeinde initiiert. In dem aktuell vorgelegten Bericht werden das Vorgehen und die Ergebnisse beschrieben, die das Gesundheitsamt des Landkreises Rotenburg (Wümme) mit Unterstützung des Landesgesundheitsamtes durchgeführt hat.